Die verschiedenen Abenteuer meines Lebens

Der Beginn eines lebenslangen Abenteuers, 1972

Ich wuchs in den 70er Jahren in einem kleinen hessischen Dorf auf. Schon sehr früh  hatte ich mehrere beinahe-Begegnungen mit dem Tod, die eine lebenslange Faszination mit selbigem in mir erweckten. Meine Familie war schon dadurch anders, dass mein Vater ein sizilianischer Gastarbeiter war, und ich dadurch mit zwei Kulturen aufwuchs. Da die Ehe meiner Eltern sehr schwierig war, und ich ein aufsässiges, willensstarkes Kind, zog ich schon im zarten Alter von 16 Jahren von zuhause aus. Ich schlug mich mit verschiedenen Jobs (wie Barkeeperin in einem Heavy Metal-Club) durch, bis ich mich mit Anfang zwanzig in meinen alten VW-Derby setzte, meine Freundin Dagmar in Siegen abholte und nach London auswanderte. Einfach so – ohne Plan, ohne Sicherheit – nur mit dem brennenden Verlangen, im coolen London als Musikjournalistin zu arbeiten.

Auswanderung nach London, 1992 

Und dieses Vertrauen ins Leben zahlte sich aus: innerhalb von Tagen wohnten wir bei einem bekannten englischen Musiker, den wir in Deutschland einmal interviewt hatten, und fanden Jobs in der hippen Londoner Carnaby Street. Mein Job als T-Shirt-Verkäuferin befand sich zufällig gegenüber der Eingangstür des bekannten Metal-Magazins ‚Kerrang!‘, das ich anbetete. Jeden Tag schaute ich in meiner Mittagspause sehnsüchtig auf diese Tür, für den Fall, dass irgendwelche Metal-Musiker herauskamen. Und wünschte mir, dass ich eines Tages dort arbeiten würde.

Der Traum einer Karriere als Musikjournalistin verwirklicht sich, 1993 

Nach einigen Monaten war ich das schlecht bezahlte Arbeiten in dem Shop leid und kündigte. Und rief kurzerhand bei ‚Kerrang!‘ an, stellte mich als Musikjournalistin aus Deutschland vor und fragte, ob es nicht einen Job für mich gäbe. ‚So ein Zufall‘, sagte die Sekretärin, ‚wir sind gerade dabei, eine deutsche Ausgabe von Kerrang! herauszugeben.‘ Und sie verband mich mit dem deutschen Chefredakteur, der mich sofort in die Redaktion zitierte und mir binnen Minuten einen Job als stellvertretende Chefredakteurin gab. Ich war 21 Jahre alt.

Dort arbeitete ich für einige Zeit, ging fast jeden Abend auf Konzerte und interviewte meine Lieblingsmusiker. Es war eine wilde, aufregende Zeit. Dann wurde ich beauftragt, über norwegische Musiker zu schreiben, die sich zu diesem Zeitpunkt mit einem neuen Hobby beschäftigten: alte, norwegische Kirchen abzubrennen und Satan zu huldigen. Ich fand das spannend, und kam dadurch mit der norwegischen Black Metal-Musik in Berührung. Diese gefiel mir außerordentlich gut. Einer dieser Musiker, ein junger Mann namens Varg Vikernes, wurde inmitten meiner Tätigkeit als Journalistin festgenommen, da er seinen Plattenlabel-Boss erstochen hatte. Die Musikwelt war schockiert, und kein Plattenlabel wollte mehr etwas mit diesem Musiker zu tun haben.

Unverhoffter und ungeplanter Aufstieg zur misanthropischen Black Metal-Queen, 1994

Mir tat das leid, da der Musiker äußerst begabt war. Und so setzte ich mich mit verschiedenen Plattenlabels in Verbindung und hoffte, ihm damit einen neuen Deal zu verschaffen. Ich hatte allerdings keinen Erfolg – im Gegenteil. Man lachte mich aus. Bis der Besitzer eines sizilianischen Plattenlabels irgendwann zu mir sagte: ‚Wieso machst Du es denn nicht selbst, wenn es Dir so wichtig ist?‘ Ich? Ein Plattenlabel gründen, ohne Erfahrung und ohne Geld? ‚Ich helfe Dir‘, sagte Roberto, der sizilianische Mann, und so musste man mich nicht weiter überreden. Ich schrieb der Mutter des Musikers and fragte, ob ich in Zukunft seine Musik veröffentlichen dürfe. Ich wagte kaum zu hoffen, dass ich eine positive Antwort bekommen würde. Aber sie kam. Und da war ich erst einmal entsetzt. Wie sollte ich das denn nun hinkriegen?

Aber es ging. Zufälligerweise war der Buchhalter, mit dem ich an meiner Selbständigkeit arbeitete, früher Geschäftsführer bei meiner Bank, und somit gab man mir einen Kredit. Der sizilianische Mann gab mir viele wertvolle Tipps, und mein Vertrieb zahlte mir Vorschüsse, sodass ich mehr CDs produzieren konnte. Auf einmal standen alle Plattenlabel und Vertriebe bei mir – einem 21-jährigen Mädchen – Schlange. Herausgeben wollte die Musik niemand, kaufen aber wollte sie jeder. Zudem bekam ich Anfragen von der BBC, MTV, norwegischen Tageszeitungen und vielen Menschen aus der ganzen Welt.  Plötzlich war ich Geschäftsführerin eines erfolgreichen Plattenlabels, und bevor ich mich versah, hatte ich Angestellte, viele Bands unter Vertrag, Ruhm und mehr Geld, als ich mir jemals hätte vorstellen können.

Ich leitete das Label für etwa sechs Jahre. Ich zog von London an die Ostküste Englands, kaufte mir ein großes Haus neben einem Friedhof und verbrachte meine Zeit mit einer aufregenden Arbeit, die ich liebte. Das Label wurde immer erfolgreicher und genoss ein gutes Ansehen in der Musikwelt. Meine Persona mit dem nom de guerre Diamanda Morta hatte dort einen besonderen Stellenwert, da ich eine der sehr wenigen Frauen war, die in diesem Bereich arbeiteten.

Doch nach einigen Jahren merkte ich, dass mir die Arbeit langsam über den Kopf wuchs. Ich saß nur noch im Büro, kümmerte mich um Zahlen und Papierkram, und verlor nach und nach die Freude an meiner Tätigkeit. Ich fühlte mich eingesperrt und gelangweilt. Immer öfter schlichen sich Gedanken ein, die Firma zu schließen und etwas anderes, niveauvolleres aus meinem Leben zu machen. Ich schrieb mich für Abendkurse in Psychologie und englischer Literatur ein und träumte davon, Psychologin zu werden.

Der Umschwung, 1999

Der letzte Nagel im Sarge der Plattenfirma kam dann eines Sommers in Deutschland, als ich auf dem Wacken Open Air-Festival war. Es gab da so einen Moment, in dem ich mich umschaute, und nur betrunkene, torkelnde, sich übergebende Männer um mich herum sah. Das, sowie Plastikmüll und stinkende Toiletten gaben mir den Rest. Ich verließ das Festival, setzte mich in einen nahe gelegenen Park und dachte nach. Es dauerte nicht lange, und meine Entscheidung war gefallen: ich würde mein Plattenlabel auf dem Höhepunkt seines Erfolgs schließen. Zurück in England eröffnete ich meinen Mitarbeitern sowie den Bands meine Entscheidung. Alle erklärten mich für verrückt, und versuchten, mich umzustimmen. Aber es war zu spät. Ich zahlte Abfindungen, ließ die Bands aus ihren Verträgen und schloss das Label kurz darauf.

Im Nachhinein verstand ich, dass ich ein Burnout erlitten hatte – einen Begriff, den es damals noch nicht gab. Ich nahm mir ein Jahr frei, um mir Zeit für mich und die Umstellung zu geben. Danach begann ich, Psychologie zu studieren. Ich war schon immer von Gefängnissen und Serienmördern fasziniert gewesen und wollte mich zur forensischen Psychologin ausbilden lassen. Zeitgleich begann ich eine Ausbildung zur ‚Priestess of Avalon‘ in Glastonbury, da ich mich auch sehr für alte, keltische Göttinnen-Traditionen interessierte. Und so befasste sich meine linke Gehirnhälfte mit Statistiken, während meine rechte Gehirnhälfte alte Rituale erlernte. Am Ende meines 3-jährigen Psychologie-Studiums, das auch Projektarbeit in Gefängnissen beinhaltete, war mir klar: die Spiritualität ist wesentlich wirksamer und nachhaltiger als die Psychologie – zumindest die Art von Psychologie, die in Gefängnissen praktiziert wurde.

Neue Berufung als heidnische Gefängnispriesterin, 2002

Und so wurde ich heidnische Gefängnispriesterin und arbeitete in englischen Männergefängnissen. Ich gab Kurse in keltischer Tradition und leitete Rituale für die Gefangenen an. Es war eine sehr lehrreiche und intensive Zeit. Aber auch das wurde mir nach einigen Jahren zu viel, da ich hauptsächlich mit Sexualstraftätern arbeitete, und man mir immer schwerere Fälle zuwies. Gleichzeitig erhielt ich allerdings keinerlei Supervision oder Unterstützung, sodass ich viele der Themen mit nach Hause nahm.

Zusammenbruch – oder Durchbruch? Beginn einer großen Transformation, 2004

Was folgte, war ein Zusammenbruch im Alter von 32 Jahren – mit ausgelöst von einer schwierigen Beziehung sowie einer anderen großen Lebensveränderung. Dieser Zusammenbruch, den ich heute meinen Durchbruch nenne, hat mein Leben sehr zum Vorteil verändert. In den folgenden zwei Jahren nahm ich mir viel Zeit für mich, holte mir therapeutische Unterstützung und arbeitete meine Vergangenheit, insbesondere meine traumatische Kindheit, auf. Mein spiritueller Weg intensivierte sich, und ich legte viele Dinge ab, die jetzt nicht mehr in mein Leben passten,  wie die Arbeit in Gefängnissen, Kontakt mit Serienmördern oder Black Metal-Musik. Ich begann, verstärkt mit Ritualen und Zeremonien in meiner Stadt Leamington Spa zu arbeiten, und fing an, mehr zu schreiben. Eine neue, kreative Zeit begann.

Das Flüstern des Windes… Zeit für eine Weltreise, 2007

Und dann, drei Jahre später, packte mich plötzlich das Fernweh. Ich hatte schon seit meiner Kindheit den Traum, irgendwann einmal eine Weltreise zu machen. In den vergangenen Jahren hatte ich nicht die Zeit dazu gehabt. Jetzt hatte ich Zeit, sowie Geld. Was hielt mich also davon ab?

Zeitgleich brachte mir eine Freundin einen Zeitungsausschnitt von einem heidnischen Stamm, der im Hindukusch-Gebirge in Pakistan lebte und jedes Jahr ein Wintersonnenwendfest zelebriert. Bevor ich den Artikel zu Ende gelesen hatte, war ich schon am Telefon mit dem Autor und Reiseleiter, der ihn geschrieben hatte, und hatte mir einen Platz für die nächste Wintersonnenwendfeier-Reise gebucht. ‚Jetzt oder nie‘, dachte ich, und entschied mich spontan, mit dem Zug nach Pakistan zu reisen, und zeitgleich all mein Hab und Gut zu verkaufen, um frei in die Welt zu ziehen.

Alle Welt sagte mir, dass das nicht ginge – man könne doch nicht mit dem Zug nach Pakistan reisen. Und Pakistan? War ich denn total durchgedreht? Aber diese Reaktionen spornten mich nur noch mehr an. Ich schaute mir Landkarten an und sah, dass eine der Routen durch Russland und Tibet führen würde. Diese Route wollte ich nehmen, und mit der transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Peking reisen. Ich recherchierte und plante für Monate, und verkaufte sowie verschenkte zur gleichen Zeit das Meiste, das ich besaß. Den Rest lagerte ich ein.

Mit dem Zug nach Pakistan… über Sibirien und Tibet

Am 15. September 2007 war es dann soweit. Ich verließ England mit einem Rucksack und dem größten Freiheitsgefühl, das ich je verspürt hatte. Aus meiner geplanten 9-monatigen Reise wurden 10 Jahre Nomadenleben, während dem ich in den verschiedensten Ländern lebte und arbeitete. Insbesondere in Indien verbrachte ich seit 2008 mehrere Jahre, da ich dort meine spirituelle Heimat fand. Ich lebte in Ashrams, studierte Yoga und Meditation, und schrieb auch mein erstes Buch ‚Meeting Shiva – Mein Weg von der Liebe ins Erwachen‘ über meine Zeit in einem kleinen Dorf in den Himalayas. Viele meiner Reiseerlebnisse habe ich in dem Reiseblog Travelling Priestess dokumentiert.

Auf diesen Reisen, die mich unter anderen nach Hawai’i, Kanada, Australien, die USA und auf verschiedene Frachtschiffe führten, habe ich unglaublich viele Schätze gesammelt. Die Erfahrungen, die ich dort gemacht habe sowie die vielen Menschen und Kulturen, die ich kennenlernen durfte, inspirieren mich noch heute und finden sich wiederholt in meiner Arbeit wieder. Anfang 2017, nach 10 Jahren Nomadenleben, fühlte ich mich so ‚schwanger‘ und übersättigt mit all diesen Erfahrungen, dass ich nun wieder sesshaft werden wollte, um diese Schätze mit anderen zu teilen. Und nicht nur das: ich entschied mich, nach 25 Jahren Abwesenheit in mein Geburtsland Deutschland zurückzukehren, um mich vor Ort wieder mit meiner Herkunft anzufreunden.

Rückkehr nach Deutschland, 2017

Nun lebe ich seit 2017 wieder in Deutschland und arbeite hier als Autorin und Dozentin. Zusammen mit meiner Kollegin Julia Hilgert leite ich zudem die Yogaschule Tāṇḍava Yoga, in deren Rahmen wir eine dreijährige Ausbildung anbieten. Ende 2018 reiste ich noch einmal nach Varanasi, Indien, um dort an einer Ausstellung über indische Todesrituale zu arbeiten. Ich hatte zuvor eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin absolviert, da ich mich schon seit meiner Kindheit sehr für den Tod interessiere. Im Zuge dessen wurde mir klar, dass der Tod in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabu-Thema ist, das ich mit meiner Arbeit gerne mehr zurück ins Leben holen möchte. Denn: wenn wir etwas verstehen, dann müssen wir keine Angst mehr davor haben. Je mehr wir uns diesem Thema widmen, umso weniger wird es zur bedrohlichen Schattenfigur, vor der wir uns verstecken müssen. Neben zahlreichen Artikeln zu diesem Thema unterrichte ich auch den Workshop ‚Mysterium Tod: Yoga und die Kunst des Sterbens‚ und veröffentliche einen Podcast namens  ‚Viva La Muerte!‘ – mit der Intention, den Menschen eine andere Sichtweise auf diesen transformativen, natürlichen Übergang zu eröffnen. 

Rückzug in den Wald, 2021

Im Sommer 2021 erfüllte sich ein weiterer lebenslanger Traum und ich  zog in eine alte Mühle mitten im Wald. Hier, in der Fülle der Natur, bin ich umgeben von Stille, die meine spirituelle Praxis sowie meine kreative Arbeit sehr fördert. In sehr kleinem Rahmen öffne ich diesen magischen Ort von Zeit zu Zeit für vedische Feuerzeremonien, Jahreskreis-Rituale sowie Einzel-Retreats für Menschen, die sich ihrer Sadhana (spirituellen Praxis) in der Natur widmen und Stille erfahren  möchten. Anfragen nehme ich gerne entgegen. 

Wie kann ich Sie inspirieren? Nehmen Sie Kontakt zu mir auf!