In spirituellen Kreisen wird immer wieder von Einheit und der absoluten Realität gesprochen. Und doch streiten sich die Menschen immer wieder über Gott („mein Gott ist größer als Deiner“) Religion („meine Religion ist besser als Deine“) und spirituelle Lehrer („mein Lehrer ist der Erleuchteteste von allen“). Sogar Kriege wurden und werden immer noch über diese Themen ausgefochten.

Wie erfrischend sind daher die Worte des islamischen Mystikers Muhyiddin Ibn Arabi, der im 13. Jahrhundert lebt und wirkte. Es heißt, dass er die gesamte mittelalterliche Mystik mit seiner Arbeit inspiriert hat. Ibn Arabi lehrte als erster Vertreter des Sufismus die Absolute Einheit aller Existenz und die Wege ihrer Selbstoffenbarung. Dieses von ihm verfasste Gedicht lässt uns seine spirituelle Meisterschaft erahnen.

Welche Herrlichkeit!
Ein Garten inmitten der Flammen!
Mein Herz hat sich für jegliche Form geöffnet:
Es ist eine Weide für Gazellen,
und ein Kloster für christliche Mönche,
und ein Tempel für Götterbilder,
und die Kaaba der Pilgernden,
und die Tafeln der Tora,
und das Buch des Korans.
Ich folge der Religion der Liebe:
Welchen Weg die Kamele der Liebe auch einschlagen,
das ist meine Religion und mein Glaube.

(aus: Stephen Hirtenstein: Der grenzenlos Barmherzige. Das spirituelle Leben und Denken des Ibn Arabi, Chalice Verlag)